Sterben ist nicht selten mit Angst verbunden. Ich meine nicht die Angst, die wir alle davor haben, die irgendwie diffus ist, und die wir, je nachdem, gut wegschieben können. Sondern die Angst in der konkreten Sterbephase, wenn ein Mensch weiss, dass es jederzeit soweit sein kann. Viele Menschen möchten in diesen Momenten, vor allem nachts, nicht allein sein. Auch wenn wir den Angehörigen Rooming-In ermöglichen, gibt es Familien, die sich die Rund-um-die-Uhr-Begleitung im Spital nicht leisten können, oder Menschen, die allein sind und keine Familie haben.
Die Freiwilligen der Hospizgruppe unterstützen in diesem Moment nicht nur den Betroffenen, sondern alle um ihn herum – die Familie, ebenfalls die Pflegefachpersonen im Spital, die vor allem nachts nicht immer bei einem Patienten, einer Patientin sein können. Das ist die Unterstützung im stationären Setting, für die wir alle immer wieder sehr dankbar sind.
Freiwillige entlasten Angehörige
Im Setting zu Hause stellen sich andere Herausforderungen, bereits lange vor der eigentlichen Sterbephase. Selbst wenn ein Kranker, eine Kranke dreimal täglich von der Spitex betreut wird, der Hausarzt regelmässig vorbeischaut, medizinisch alles stabil verläuft, ist doch die Familie allein verantwortlich für die restlichen rund 23 Stunden am Tag. Für pflegende Angehörige bleibt unter Umständen keine Möglichkeit, zu sich selbst zu schauen, eigenen Interessen nachzugehen, oder auch nur einmal eine Nacht durchzuschlafen.
Dieser Zustand kann sich über lange Zeit hinziehen. Unterstützt von Begleitenden der Hospizgruppe können pflegende Angehörige beispielweise eine Nacht ruhig schlafen, weil jemand anderes wacht. Oder nutzen tagsüber die Möglichkeit, einmal zu sich selbst zu schauen und den eigenen Neigungen, Bedürfnissen nachzugehen.
Je nachdem finden die Begleitungen regelmässig statt. Die von vielen so sehr gewünschte Betreuung und Begleitung zu Hause wäre ohne dieses Engagement in vielen Fällen nicht möglich. Kommt hinzu, dass die Hospizgruppe unentgeltlich arbeitet, denn viele betroffene Familien könnten sich diese Unterstützung sonst nicht leisten.
Freiwillige ermöglichten Betreuung tagsüber
Ein extremes, aber sehr schönes Beispiel: Eine knapp 60-jährige Patientin litt an einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung. Sie war teilweise unsicher auf den Beinen und manchmal verwirrt. Deswegen konnte sie nicht allein zu Hause sein. Gerade das wünschte sie sich sehnlichst. Ihr berufstätiger Ehemann konnte sie nicht betreuen.
Die Hospizgruppe hat diese Situation über mehrere Monate mitgetragen, indem aktive Vereinsmitglieder täglich einige Stunden zur Patientin geschaut haben, während der Ehemann auswärts arbeitete. Die Patientin konnte schliesslich wunschgemäss zu Hause sterben, was nur durch diesen Einsatz der Freiwilligen möglich gewesen war. (MS, 22. Juli 2020)