Walter Kroiss: In Vilters heimisch geworden

«Jeder Entscheidung geht eine Kette von Entscheidungen voraus. Ebenso in meinem Leben», sagt Walter Kroiss, Vorstandsmitglied in der Hospizgruppe Sarganserland.

Walter Kroiss: In Vilters heimisch geworden

5. August 2020 0
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«Jeder Entscheidung geht eine Kette von Entscheidungen voraus. Ebenso in meinem Leben», sagt Walter Kroiss, Vorstandsmitglied in der Hospizgruppe Sarganserland. Seit 2006 wirkt der 51-jährige Bayer als Diakon der röm.-kath. Seelsorgeeinheit Mittleres Sarganserland. Zusammen mit Frau und Kind wohnt er in Vilters.

Wie gesagt, eine Entscheidung löst die nächste aus. Gelernt hat Walter Kroiss Industriekaufmann in einem holzverarbeitenden Betrieb. Dort bildete er sich weiter zum Betriebswirt, lernte LKW fahren, steuerte Anhängerzüge und engagierte sich in der freiwilligen Feuerwehr. Berufsbegleitend besuchte er das Abendgymnasium in Regensburg an der Donau.

Im Oktober 2002 löste einmal mehr eine Entscheidung die andere aus. Walter Kroiss wollte weg aus Abensberg, wollte sich neu orientierten. Er suchte den Bezug zur Religion. Statt eine Logistik-Stelle in Verona anzutreten, entschloss er sich, in Eichstätt Religionspädagogik zu studieren, Gemeindereferent zu werden. In der Schweiz heisst das Pastoralassistent. «Mir eröffnete sich eine neue Welt», sagt der engagierte Diakon und schildert ein weiteres Ereignis, das eine Entscheidung auslöste: «In der Universitätsbibliothek in Eichstätt blätterte ich in einer Schweizer Kirchenzeitung und las, in Bad Ragaz würde ein Pastoralassistent gesucht. «Ich bewarb mich auf diese Stelle trotz meiner Ausbildung als Religionspädagoge und wurde am Fronleichnam 2006 zum Vorstellungstermin geladen.»

Beim Abschied habe er Sonja, seine spätere Frau, gefragt: «Soll ich zusagen?» Sie hätte gelacht und gesagt: «Wahrscheinlich haben die genug Bewerbungen aus der Schweiz, vor allem von Pastoralassistenten.» Und wieder folgte ein Ereignis dem anderen, löste Entscheidungen aus. Alles fügte sich. Walter Kroiss gefiel die Gegend, das Pfarrhaus sowie die Menschen, die er kennengelernt hatte. Und er passte den Behördenvertretern. «Wir einigten uns mit Handschlag.»

In Luzern Theologie studiert

Im August 2006 habe er seine neue Stelle angetreten. Bei einem Besuch sagte der Personalchef des Bistums zu Walter Kroiss, er könne doch noch in Luzern Theologie studieren. Ein weiteres Ereignis, das weitere Entscheidungen auslöste. Acht Jahre später, im November 2014 weihte ihn Bischof Markus zum Diakon in der St. Galler Stiftskirche. «Für mich wars die Bestätigung meines Weges. Ich spürte, es ist gut – das passt.»

In der Funktion des Diakons assistiert Walter Kroiss beispielsweise dem Priester in der Missa cum diacono, der «Messe mit Diakon». Er verkündet hier das Evangelium und kann predigen. Ebenso spendet ein Diakon die Taufe, leitet kirchliche Trauungen und Begräbnisfeiern. Er feiert Wortgottesdienste und Segnungen. Ein zentraler Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Sorge um Kranke, Betagte und Menschen am Rande der Gesellschaft. Nebenbei engagiert er sich in der Jugendarbeit und erteilt Religionsunterricht.

Seit Frühjahr 2020 engagiert sich Walter Kroiss in der Hospizgruppe. «Ich finde es eine sinnvolle Sache, Menschen in der letzten Lebensphase gut zu begleiten, ihnen Hoffnung zu geben, Zuversicht, Geborgenheit und Wärme.» Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Begleitung von Trauernden und Sterbenden. «Da kann ich das eine oder andere einbringen.» Im Verein arbeitet Walter Kroiss im Vorstand mit, präsidiert den Beirat und hilft im Trauercafé, übernimmt Trauerbegleitungen.

Als Feuerwehrmann auf der «Todesstrecke» im Einsatz

Erstmals mit Leben und Sterben, mit dem Tod konfrontiert, wurde Walter Kroiss in der Freiwilligen Feuerwehr. «Als ich 16 Jahre alt war, durfte ich ausrücken. Gleich beim ersten Einsatz wurden wir zu einem schweren Verkehrsunfall gerufen. Zwei Brummis waren auf der damals berüchtigten B16 ineinander gekracht, just in dem Moment, als der Fahrer des vorderen LKWS seine Bremsprobleme lösen wollte. Er wurde vom Rad seines Wagens erdrückt. Ein grässlicher Anblick.»

Es war nicht der Anblick des Toten, der für den nachhaltigen Schock sorgte, sondern die Ereignisse auf der Unfallstelle. «Den verzweifelten Schrei der Frau des Verunfallten, höre ich noch immer. Und die grosse Wut steckt immer noch im Bauch, wenn ich an den Gaffer denke, der den Zinksarg öffnete und sich gleich daneben erbrach.»

Angst vor dem Tod habe er keine. «Ich mache gute Erfahrungen bei der Begleitung Sterbender. Das ist friedlich. Denk ich an die Gesichtsausdrücke der Verstorbenen, sah ich in zufriedene, entspannte Gesichter.

Walter Kroiss glaubt an ein Leben nach dem Tod. «Klar», sagt er. «Zurück auf die Erde komme ich nicht mehr. Ich bin dann an einem guten Ort, im Paradies. An einen strafenden Gott glaube ich nicht. Im Gegenteil. Für mich ist das eine Liebesbeziehung.» (MS, 7. Juli 2020)

 


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