Marie-Therese Aggeler: «Unser Engagement will finanziert sein»

2019 leisteten wir 4945 ehrenamtliche Stunden, das wären 13 Stunden täglich, die wir für die freiwillige Hospizarbeit leisten.

Marie-Therese Aggeler: «Unser Engagement will finanziert sein»

25. Januar 2021 1
Blog_MarieThereseAggeler-1200x675.jpg

Im Jahr 2019 leisteten 55 Begleitende 315 Einsätze und betreuten während 1700 Stunden Sterbende. Die Mitglieder des Vorstands, die Einsatzleiterinnen, die Leute vom Trauertreff sowie von der Hospizwohnung, der Beirat und die GPK wendeten für ihr freiwilliges Engagement 1910 Stunden auf. Für Fortbildungen und Supervision registrierte die Hospizgruppe 1335 Stunden.

«Zusammengezählt sind das 4945 ehrenamtliche Stunden», sagt Marie-Therese Aggeler, Finanz-Vorstand der Hospizgruppe. «Bricht man die Zahl runter, sind es über 13 Stunden täglich, die wir für die freiwillige Hospizarbeit leisten.»

Marie-Therese Aggeler aus Sargans ist 53 Jahre alt. «Aufgewachsen bin ich am Flumserberg – zusammen mit sieben Geschwistern. Mein Sohn ist erwachsen.» 1992 war Christian 14 Monate alt, als die Eltern im Auto verunglückten. Marie Therese nickt. «Ich war 25 Jahre alt, mein Mann 27. Den Buben hatten wir zu meinen Schwiegereltern gebracht. Wir wollten am anderen Morgen den Gottesdienst besuchen zum Dreissigsten nach dem Tod meines Vaters.»

Auf dem Weg nach Hause geschah der Selbstunfall. Marie Therese wurde leicht verletzt. «Mein Mann Christian war sofort tot», sagt sie. Wir schweigen. Dann erzählt mir meine Vorstands-Kollegin, wie sie im Spital lag und ihr Bruder den Schwiegereltern die unfassbare Nachricht überbracht habe. «Meine Mutter war in dieser schweren Zeit mein Anker. Mit ihr konnte ich über alles reden. Sie hörte mir zu und weinte mit mir.» Marie-Therese hält kurz inne. Sagt dann: «Ich fühlte mich von meiner ganzen Familie begleitet. Und ich hatte einen Sonnenschein um mich. Mein Sohn war gesund und munter. Zu klein, um mich zu fragen, was geschehen sei, warum Papa nicht mehr da ist.» Er habe ihr Leben ausgefüllt, sein Lachen, seine Fröhlichkeit und das harmonische Zusammenleben habe ihr in den einsamen Jahren Kraft gegeben.

Die Trauer sei während langer, langer Zeit mal grösser und mal kleiner gewesen. «Ich fiel in tiefe Löcher, querte dunkle Täler und rappelte mich wieder hoch.»

Die junge, verwitwete Alleinerziehende fühlte sich zeitweise sehr allein. «Vor allem an den Wochenenden, wenn alle mit ihren Familien etwas unternommen haben. Mein Zuhause ist mein geschützter Bereich.» Sie lacht. «Aber klar werde ich da gerne herausgeholt.»

Eine Art «Heicho» erlebte die gelernte Detailhandelsangestellte dann «am Berg», wie sie sagt. «Ich bildete mich beruflich laufend weiter und bin nun Fachfrau Finanz- und Rechnungswesen mit eidgenössischem Fachausweis.» Das ermöglichte der Buchhalterin, sich bei den Bergbahnen Flumserberg AG zu bewerben. «Zurück am Berg fand ich meinen Traumjob.» Sie strahlt. Sagt: «Ich bin versöhnt mit meinem Leben.»

 Marie-Therese: Du betreust die Finanzen der Hospizgruppe. Warum bist du Mitglied?
Nach der Gründung der Hospizgruppe lernte ich Helen Hidber  kennen, wurde Mitglied und zahlte meinen jährlichen Beitrag. 2018 fragte mich Sabine Koch-Hobi ob ich freie Kapazität hätte für die Vorstandsarbeit. Zudem sei der Job einer Kassierin zu vergeben. Ich sagte zu.

Warum dein Engagement?
Ich möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben. Die würdevolle Begleitung von Schwerkranken und die Betreuung Sterbender liegt mir sehr am Herzen. Im Vorstand der Hospizgruppe kann ich meine Stärke, den Umgang mit Finanzen, ausspielen. Ich arbeite mit in einer guten Institution, in einem guten Team.

Wofür braucht die Hospizgruppe Geld?
Für die eigentliche Vereinsarbeit. Wir finanzieren das Sekretariat, die Hospizwohnung, den Trauertreff und unsere Öffentlichkeitsarbeit. Wir bezahlen den Begleitenden Spesen, finanzieren ihre Aus- und Weiterbildungen, organisieren Events und unterhalten eine umfangreiche Website.

Woher kommt dieses Geld
Unser jährliches «Einkommen» zählt sich zusammen aus Mitgliederbeiträgen, also Einzel-, Familien- und Kollektivbeiträgen, sowie Spenden. Ebenso erhält die Hospizgruppe von den Kirchgemeinden der Region regelmässig Geld aus Kollekten. Einmal vermachte uns jemand sogar ein Legat, und nicht vergessen wollen wir einige grosszügige, treue Gönner.

Gibts neue Projekte?
Zeitnah möchte die Hospizgruppe die Aufgaben der freiwillig arbeitenden Einsatzleiterinnen in einer Geschäftsstelle bündeln. Wir wollen eine Geschäftsleitung installieren mit 50 Stellenprozenten. Sie würde vorläufig im «Homeoffice» arbeiten. Mittelfristig wäre das Ziel, eine öffentlich zugängliche Geschäftsstelle aufzubauen. Mit Sitzungszimmer, Raum für Weiterbildungen oder für Trauertreffs.

Die Trauerarbeit wird ausgebaut.
Die Nachfrage nach Begleitung von Trauernden und von Dementen, von Einsamen nimmt zu. Dem wollen wir Rechnung tragen. Bereits laufen einige Weiterbildungen in dieser Richtung.

Kann die überarbeitete Website mithelfen, Spenden zu generieren und Mitglieder zu finden?
Das müsste ich doch dich fragen (lacht herzlich). Unser Auftritt ist modern. Die Möglichkeit, uns etwas zu spenden, ist niederschwellig und einfach. Nach zwei drei Klicks kannst du Geld überweisen und erhältst erst noch eine Spendenbestätigung für die Steuern. Das ist optimal. Und es funktioniert auf dem Handy, auf dem Tablet und logischerweise am Desktop.

Wir sind transparent.
Genau. Wir zeigen, wer wir sind und wo wir helfen. Interessierte können die aktiven Mitglieder «kennen lernen» und von einigen die «Lebensgeschichten» lesen. Diese berühren, und viele zeigen auf, warum jemand sich mit Herzblut dafür einsetzt, dass niemand alleine sterben muss. Ich bin froh, wenn unsere Arbeit noch öffentlicher wird. Du sagst doch: «Tue Gutes und schreibe darüber.» (MS, Dezember 2020)


One Kommentar

  • Martin Schuppli

    26. April 2021 at 17:29

    Gut gesagt liebe Marie-Therese:
    Wir sind transparent und zeigen, wer wir sind und wo wir helfen. Interessierte können die aktiven Mitglieder «kennen lernen» und von einigen die «Lebensgeschichten» lesen. Diese berühren, und viele zeigen auf, warum jemand sich mit Herzblut dafür einsetzt, dass niemand alleine sterben muss. Ich bin froh, wenn unsere Arbeit noch öffentlicher wird. Du sagst doch: «Tue Gutes und schreibe darüber.»

    Reply

KOMMENTAR SCHREIBEN

Your E-Mail-Adresse address will not be published. Required fields are marked *


logo-hospiz-sarganserland-weiss

In der Hospizgruppe Sarganserland engagieren sich gegen 60 Freiwillige in der Begleitung und Betreuung Schwerkranker und Sterbender. Ebenso stehen wir Trauernden bei, nehmen uns Zeit für Demenzkranke und unterhalten eine Hospizwohnung in Mels.

Copyright Hospizgruppe Sarganserland

Wir nutzen Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzererfahrung zu bieten. Indem Sie auf Akzeptieren klicken, stimmen Sie der Verwendung all unserer Cookies zu.