«Mich faszinieren Leben und Sterben.» Als Mutter von vier Kindern und Familienfrau bin ich glücklich verheiratet. Zwanzig Jahre war ich sehr gerne für die Familie da, bin es immer noch. Vorausschicken möchte ich, eines unserer Kinder ist handicapiert. Es war und ist auf besondere Betreuung angewiesen.
Nachdem die Kinder anfingen, langsam ihre eigenen Lebenswege zu suchen und zu finden, stellte sich für mich die Frage, wie will ich mein Leben weiter gestalten. Will ich vermehrt zurück in den Beruf? Oder soll ich nochmals eine Aus- oder Weiterbildung beginnen? Mehr Zeit für mich nehmen, neue Freiheiten geniessen? Oder soll ich gleich alles zusammen machen?
Ich suchte einige Zeit, bis ich zum Schluss kam, ich möchte gerne einen Teil meiner neu gewonnenen Zeit für andere Menschen einsetzen. Ich möchte Dinge tun, die mir am Herzen liegen. Möchte mich in der Freiwilligenarbeit engagieren. Neben der Hospizgruppe arbeite ich mit bei «Tischlein deck dich». Das bereitet mir grosse Freude.
Nach dem Besuch eines breitgefächerten Seminars zum Thema «soziales Engagement» merkte ich, wie mich Leben und Sterben, Umgang mit Krankheit und Tod faszinieren. Mir ist klar: Der Tod gehört zum Leben, Annehmen und Loslassen ebenso. Damit gehe ich offen um. Das lehrte mich mein Leben, das habe ich erfahren, auch in der Begleitung und Betreuung eines behinderten Kindes.
Neigt sich ein Leben dem Ende zu, gehts um das Wesentliche. Das erlebe ich, wenn ich einem schwer kranken, sterbenden Menschen zur Seite stehe, für ihn da bin. In diesen Momenten der nahen Begleitung, im Angesicht der sterbenden Person also, werden alltägliche Probleme, plötzlich relativiert. Dies gibt mir eine gewisse Gelassenheit und bereichert mein Leben.
Ursula Müller, 20.Juli 2020